Während die Gruppe “Hand in Hand” aus Wiesbaden-Erbenheim nicht müde wird, zu betonen, dass sie lediglich “besorgte Mütter und Väter” seien und mit extrem Rechten Positionen, Personen und Parteien nicht verbandelt seien, zeigte sich bei ihrer Kundgebung am 29.09. vor dem Wiesbadener Hauptbahnhof, dass sie längst zu einem Sammelbecken der extremen Rechten, von Einzelakteur*innen bis zur NPD, in der Region und darüber hinaus geworden sind.
NPD/JN mit einem viel beachteten Banner bei der “Hand in Hand”-Kundgebung am 29.09.18.
Inhalte der Kundgebung: Rassismus, Verschwörungstheorien, Gewalt
Im Vergleich zur letzten Kundgebung von “Hand in Hand”, knüpften die Redner*innen am 29.09. an die Themen an, die bereits bei der Kundgebung auf dem Dern’schen Gelände prägend waren. Geflüchtete wurden als “Invasoren” diffamiert, die Gewalt ins Land brächten und die Deutschen in ihrer Existenz bedrohen würden. Hierzu wurden erneut Gewaltopfer für rassistische Hetze instrumentalisiert. So wurden Geflüchtete wiederholt mit Angreifern, Vergewaltigern und Terroristen gleichgesetzt, die von durch “bestimmte Kreise” gesteuerten Regierungsverantwortlichen importiert würden. Gleichzeitig würden die “etablierten Parteien”, Medien, Kirchen, Gewerkschaften und andere zivilgesellschaftliche Akteur*innen versuchen, die Kritiker*innen der vermeintlichen Missstände mundtot zu machen. Mehr noch: In Deutschland herrsche mittlerweile eine “Meinungsdiktatur” im Sinne der DDR, sodass “Regimekritiker” Verfolgung und um ihr Leben fürchten müssten. “Wie lange kann man das ertragen”, fragte dann auch die letzte Rednerin und beschwor ein Bürgerkriegsszenario: Wenn die Politik nicht endlich – in ihrem Sinne – handele, dürfe man sich über den Einsatz von Gewalt nicht wundern, der Kampf habe schon begonnen.
“Hand in Hand”-Kundgebung als Sammelbecken der extremen Rechten
Neben den Initiator*innen von “Hand in Hand”, Yvonne Csokova, Maros Csoka und Nicole Schmickler aus Erbenheim, waren das selbsternannte Frauenbündnis Kandel, mit Marco Kurz und “Julia”, Thomas Matzke, der Betreiber des extrem rechten Blogs “Abakus News”, Robert V. und seine “Leine des Grauens”, Klaus Hochscheid, ehemals Polizist im Einsatz der “Europäischen Grenzschutzagentur – Frontex” sowie “Steff” von den Patrioten NRW auf und hinter der Bühne präsent. “Beweg Was Deutschland” aus Mainz, die noch bei den letzten Veranstaltungen von “Hand in Hand” größere Unterstützungsleistung erbracht haben, waren diesmal nicht anwesend: Zum einen haben sie sich mit dem “Frauenbündnis Kandel” überworfen, zum anderen bevorzugten sie die COMPACT-Konferenz in Bayern, wo sie sich u.a. mit dem Kopf der “Identitären Bewegung” im deutschsprachigen Raum, Martin Sellner, trafen.
Neben den Akteur*innen und Gruppierungen, die schon bei der vorangegangenen Kundgebung dabei waren, stach am 29.09. vor allem eine Gruppe heraus, die an der Versammlung teilnahm: Direkt zu Beginn wurde auf der Kundgebung ein Banner mit der Aufschrift “Und wenn sie auch geifern, Lügenpresse bleibt Lügenpresse” im erkennbaren Stil der NPD ausgerollt. Neben Stefan Jagsch, ehemaliger Landesvorstand der NPD Hessen und Vorsitzender des Bezirksverbands Wetterau-Kinzig, waren weitere vier Mitglieder der NPD-Jugendorganisation, “Junge Nationalisten” (JN), die ganze Kundgebung über anwesend. Sie verfolgen so ihre Strategie, insbesondere kurz vor den Landtagswahlen in Hessen, bei ihrem potenziellen Wahlklientel anzudocken. Daher verwundert es auch nicht, dass sie bereits eine Woche zuvor bei der “Beweg was”-Kundgebung in Mainz waren, wo Thassilo Hantusch, Landesvorsitzender der JN Hessen und NPD-Stadtverordneter in Wetzlar, sogar als Ordner im Einsatz war.
Stefan Jagsch: Direkt neben der Bühne ist ein NPD-Plakat mit seinem Portrait zu sehen.
Eine Woche zuvor in Mainz: Am 22.09.18 war Thassilo Hantusch bei “Beweg was” als Ordner im Einsatz, dabei u.a. Stefan Jagsch (verdeckt).
Auch wenn auf dem Banner der NPD kein Partei-Logo zu sehen war, so muss es auch für die Anwesenden klar gewesen sein, wer dort Präsenz zeigt: An einer Straßenlaterne, neben der die Bühne stand, ist ein NPD-Wahlplakat mit einem Portrait von Stefan Jagsch angebracht. Außerdem unterhielten sich nicht nur Teilnehmende, sondern auch Redner*innen und Organisator*innen mit Stefan Jagsch und den anderen JNlern. Auch ein Ordner der Kundgebung befand sich stets in der Nähe des NPD-Banners, interagierte mit den Personen und trug zu Beginn eine Fahne des “Frauenbündnis Kandel”. Der Ordner ist aus AfD-Kontexten bekannt: So war er als Türsteher u.a. bei AfD-Veranstaltungen im Hilde Müller Haus im Wiesbadener Rheingauviertel und im Haus der Vereine in Dotzheim eingesetzt. Auch eine andere Personen, die in jüngerer Vergangenheit nachweislich an AfD-Veranstaltungen teilgenommen hat und Kontakt zur Jugendorganisation der AfD, der “Jungen Alternative”, pflegt, war anwesend und unterhielt sich mit Personen der JN. Nicht zuletzt war es Henryk Stöckl, der bis zum Beschluss keine Livestreams mehr zuzulassen, Videos von AfD-Veranstaltungen ins Netz stellte und sich als aktiver Unterstützer der AfD zeichnet, der sich nicht an der JN störte, sondern im Gegenteil immer wieder ihre Nähe suchte, wie auch in seinem Livestream zu sehen ist.
Rednerin “Steff” von den mitveranstaltenden “Patrioten NRW” begrüßt die NPD/JN per Handschlag.
Türsteher der AfD Wiesbaden zu Beginn der Kundgebung mit einer Fahne vom “Frauenbündnis Kandel”.
Links im Bild mit Selfie-Stick steht Henryk Stöckl neben der NPD/JN.
Fazit: “Hand in Hand” mit Neonazis
Allein die Kurzanalyse der Vorgänge am 29.09. zeigt, dass “Hand in Hand”-Veranstaltungen längst zu einem Treffpunkt nicht nur für Rassist*innen jeder Couleur, sondern eben auch von aktiven Neonazis geworden ist. Allen Distanzierungs- und Vertuschungsversuchen, sich als “Bürger der Mitte” zu zeichnen, zum Trotz, bestehen keinerlei Berührungsängste mit der extremen Rechten. Es ist daher zu befürchten, dass auch in Zukunft die Kundgebungen als Sammelbecken des rechten Rands fungieren.