Am 04.03.18 veröffentlichte die “Junge Alternative” Wiesbaden über Facebook einen Post, in welchem sie ihre Teilnahme an einer Demonstration am 03.03.18 in Kandel erklärt. Unüblich: Kein Foto der Teilnehmenden ist angehängt, sondern ein Bild, dass die im Dezember letzten Jahres ermordete junge Frau und den dringend tatverdächtigen Ex-Freund zeigt. Angeblicher Beweggrund dabei ist, zu zeigen, dass es nicht um eine Selbstdarstellung gehe, sondern um das Gedenken. Doch in Wirklichkeit folgen sie nur dem unnachlässigen “Trend” der extremen Rechten, tote Personen für ihre rassistische Propaganda zu instrumentalisieren. Warum es jedoch tatsächlich kein Foto gibt, hat noch einen anderen Grund: Der Schulterschluss mit Identitären und Neonazis.
Vorne: Damian Lohr, JA Vorsitzender; hinten: Patrick Pana von der JA Wiesbaden. [1]
Wie Aufnahmen der Demonstration zeigen, bewegten sich die Mitglieder der JA – unter ihnen auch der auf dem Bundeskongress vom 18.02.18 in Büdingen gewählte neue Vorsitzende Damian Lohr aus Mainz/Kriegsfeld – in einem Block gemeinsam mit der “Identitären Bewegung” (IB). Mitten drin: Patrick Pana aus Wiesbaden.
Patrick Pana im Block gemeinsam mit Identitären und Seitentransparent der IB. [1]
Doch nicht nur der Schriftführer der JA Wiesbaden marschierte in Kandel. Auch der Schatzmeister Sascha Sindl war ebenfalls anwesend. Sindl trug dabei ein T-Shirt mit der sog. “Wirmer-Flagge”. Diese wird seit einigen Jahren v.a. im Kontext der extrem rechten German Defence League, im HoGeSa-Umfeld und bei Pegida-Aufmärschen gesichtet. Bereits 1994 nutzten der Holocaustleugner Horst Mahler und der wegen Volksverhetzung verurteilte Reinhold Oberlercher das Symbol für ihr “Deutsches Kolleg”.
Sascha Sindl in entspannter Pose und mit einschlägiger Symbolik unterwegs in Kandel.
Organisiert wurde die Demonstration vom selbsternannten Frauenbündnis „Kandel ist überall“, welches die baden-württembergische AfD-Landtagsabgeordnete Christina Baum maßgeblich prägt. Mobilisiert haben folgerichtig auch viele weitere Personen der AfD, unter ihnen der nächste Gast beim Themenabend der AfD Wiesbaden, Malte Kaufmann aus Heidelberg, und ihr letzter Gast, Guido Reil aus Essen, welche den Tag als einen Erfolg darstellen.
Der Gast der AfD Wiesbaden zum Themenabend am 05.04.18: Malte Kaufmann mobilisierte nach Kandel.
Guido Reil erachtet Kandel als vollen Erfolg und freut sich über die rege Teilnahme hochrangiger AfD-Mitglieder.
Teil der Demonstration waren in einer Vielzahl auch Neonazis u.a. von NPD/JN, “Der Dritte Weg” und freien Kameradschaften sowie gewaltbereite Hooligans [2]. So kam es, wie vorhersehbar war, zu gewaltsamen Ausschreitungen gegen Anwohner*innen [3] und Übergriffen im Nachgang der Demonstration: Ein junger Kommunalpolitiker, der gegen den Aufmarsch demonstrierte, und seine Begleitung wurden auf der Rückreise von Neonazis tätlich angegangen und verletzt. [4]
Statement der JA Wiesbaden zur Teilnahme am Aufmarsch in Kandel (ohne Bild).
Während die JA Wiesbaden also einen Mord und mit ihm die Getötete für ihre rassistische Propaganda missbraucht, heucheln sie Mitgefühl und täuschen Anstand vor, den sie tatsächlich nicht haben. Kein Wort des Bedauerns über die gewaltsamen Übergriffe, die von Mitdemonstranten ausgingen, keine – noch so scheinheilige – Distanzierung von gewaltbereiten Neonazis, die mit ihnen gröhlend durch Kandel zogen. Vielmehr verklären sie das Geschehen zu einem gerechtfertigten Protest von “Abgehängten” und “Patrioten” und zu einem “Funken”, der auch endlich im Westen angekommen sei. So machen sie selbst erneut deutlich: der häufig verbal geäußerte Trennungsstrich zur extremen Rechten besteht de facto nicht und sie scheuen keine Kooperation mit Neonazis.
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[1] https://www.youtube.com/watch?v=Oap0FoIfvNk
[2] http://www.beobachternews.de/2018/03/05/pegida-umfeld-feiert-sich-fuer-durchbruch-in-kandel/
[3] https://www.youtube.com/watch?time_continue=21&v=vToWfp8rjqs